Bitte mit Gefühl - Wie gelingt empathische Kommunikation?

Freitag, 20.01.2023

Empathische Kommunikation baut Vertrauen auf, schafft Nähe im Gespräch und stellt gute Beziehungen zwischen den GesprächspartnerInnen her. 

In diesem Artikel erfahren Sie, was empathische Kommunikation nicht ist, wie Sie empathisch im Gespräch reagieren und wie Sie wertschätzend Ihre Grenzen aufzeigen können.

Was keine empathische Kommunikation ist

Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten in einem Unternehmen und Ihre Kollegin sagt:

„Ich bin total fertig. Ich glaube, ich bin überarbeitet.“

Diese 3 häufigen Strategien sind nicht empathisch

  1. Das Thema wechseln

„Das kenne ich. Das geht mir auch so. Ich bin auch fix und fertig.“

„Kann ich mir gar nicht vorstellen! Letzten Monat war doch viel mehr los als jetzt.“

„Ich habe dir doch gesagt, dass dieser Monat stressig wird. Das hättest du doch wissen müssen.“

Anstatt bei der anderen Person zu bleiben, erzählen viele Menschen lieber von sich oder tun ihre eigene Meinung zum Thema kund. Die Strategie, durch Gemeinsamkeiten Mitgefühl zu zeigen oder vom Thema abzulenken, indem man sich oder seine Position anbringt, ist nicht empathisch, denn das eigentliche Thema (wie es der Kollegin geht) wird damit nicht bearbeitet.

2. Kopf-hoch-Formulierungen

„Sieh mal nicht gleich so schwarz.“

„Kopf hoch, das wird schon.“

„Immer Schritt für Schritt, dann schaffst du das.“

Sicherlich sind aufmunternde Worte gut gemeint, aber sie drücken kein Mitgefühl aus, besonders nicht, wenn die Kollegin wirklich leidet. „Kopf-Hoch-Formulierungen“ ermuntern nicht dazu, sich auszudrücken und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, sondern zeigen eher, dass ein Interesse daran besteht, das Thema abzuschließen. Sie signalisieren also Distanz und keine Nähe.

3. Lösungsvorschläge

„Du musst dem Chef mal ordentlich die Meinung sagen.“

„Feier doch deine Überstunden diese Woche ab.“

„Frag mal in der Abteilung, ob jemand dir etwas abnehmen kann.“

Lösungen für ein Problem anzubieten, nach denen gar nicht gefragt wurde, ist nicht empathisch. Wenn die andere Person gerade über ihre Gefühle spricht, braucht sie keine Lösung. Sie können Lösungen anbieten, wenn Sie danach gefragt werden. Sonst treffen Sie Ihre Gesprächspartnerin mit Ihrer Lösung schlecht.

Wie geht es empathisch?

Empathie bedeutet, nach den Gefühlen und Bedürfnissen zu fragen und der anderen Person Raum geben (d.h. besonders Zeit), sich auszudrücken. Indem Sie nachfragen und aufmerksam zuhören, unterstützen Sie diesen Prozess.

Sie könnten nach den Gefühlen Ihrer Kollegin fragen:

„Du bist richtig erschöpft, weil so viel Arbeit an dir hängen bleibt, oder?“

„Was macht das mit dir, wenn du überarbeitet bist?“

„Wie geht es dir jetzt nach diesem Tag?“

Oder Sie fragen nach ihren Bedürfnissen:

„Was hättest du dir denn in diesem Moment von deinen Kollegen/deiner Chefin/deinem Partner/deiner Partnerin… gewünscht?“

„Bist du erschöpft, weil dir Perfektion/Solidarität/… wichtig ist?“

„Was hilft dir jetzt am besten?“

Mit diesen Reaktionen schaffen Sie Nähe und Vertrauen, denn Sie bleiben im Gespräch bei der anderen Person. Sie öffnen und halten den Raum, in dem sich der/die andere äußern kann, um Gedanken und Gefühle zu ordnen.

Gewaltfreie Kommunikation

Nun kann es auch sein, dass Ihre Kollegin Sie unpassend erwischt und Sie selbst gerade nicht das Bedürfnis haben, mit Ihrer Kollegin über ihre Erschöpfung zu sprechen. Einen Weg, mit dem auch Sie Ihre Gefühle und Wünsche empathisch und wertschätzend kommunizieren, entwickelte Marshall B. Rosenberg und nannte ihn „Gewaltfreie Kommunikation“ (GFK). In der GFK äußern Sie sich in 4 Schritten:

1) Beobachtung

2) Gefühl

3) Bedürfnis

4) Bitte

Sie könnten Ihrer Kollegin also sagen:

Ich sehe, dass du wirklich müde und erschöpft bist und das tut mir richtig leid für dich. Ich glaube, du möchtest jetzt gern darüber reden aber ich versuche gerade diesen Artikel fertig zu schreiben. Ich würde lieber mit dir in der Mittagspause darüber sprechen.

Mit dieser Art der Kommunikation zeigen Sie Nähe an, halten die Beziehung zu Ihren Mitmenschen und stehen für sich selbst ein.

Schreiben Sie mir, wie es funktioniert hat.

Alles Gute!

 

Herzlich, Stefanie